PersonalManagement

 

PersonalManagement in schwierigen Zeiten

 

 

Was sind die Schlüsselthemen für Personalmanager, wenn es dem Unternehmen schlecht geht? Die schwierige Situation meistern und gleichzeitig nach vorne schauen. Dieser Spagat ist nur zu schaffen, wenn man nicht nur auf die Personalkosten schaut. Diese sind die Schlüsselthemen:

 

 

1. Der Personalbedarf

2. Personalkostenreduzierung

3. Binden von qualifizierten Mitarbeitern

4. Umgang mit Wandel

5. Kommunikationsstrategien

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Der Personalbedarf

 

 

Die genaue Mitarbeitersituation - bezogen auf deren Vorerfahrung und Qualifikation - ist häufig nicht im Detail bekannt. Die persönlichen Daten sind zwar in der Regel in den einzelnen Personalakten vorhanden, aber nicht gesamthaft darstellbar und somit nicht überschaubar. Personalsysteme sind häufig nicht vollständig gepflegt. Das inhaltliche Know How der Mitarbeiter ist nicht umfassend dokumentiert. Die zukünftigen Anforderungen an die Mitarbeiter sind selten bekannt und ein zukünftiger Mitarbeiterbedarf ist häufig nicht oder nur für einen sehr kurzen Zeitraum bekannt.

Manche - gerade mittelständische -  Unternehmen haben aufgrund ihres gewachsenen Standortes Nachteile auf dem Arbeitsmarkt. Die demografische Entwicklung wird sukzessive die Anzahl der qualifizierten, jüngeren Menschen verringern. Technische Ausbildungen und Studiengänge stehen besonders bei jungen Frauen nach wie vor nicht hoch im Kurs.

 

 

Häufig liegen Konzern- oder Unternehmensentscheidungen - z.B. ein Einstellungsstopp - vor, die Auswirkungen auf die Struktur des Personalbestandes haben.

 

 

Lösungen und Gestaltungsspielräume

 

 

Nach einer gründlichen Ist-Aufnahme des Personalbestandes inklusive der jeweiligen Vorgeschichte und der Altersstruktur kann das Kapazitätsrisiko und das Produktivitätsrisiko eingschätzt werden. Aus diesen Erkenntnissen werden Lösungsansätze zur Sicherung der Kernkompetenzen des Unternehmens entwickelt. Nichts darf dabei sakrosankt behandelt werden.

 

 

Am Ende dieses Prozesses ist der quantitative und qualitative Personabedarf für die nächsten 5 - 10 Jahre geplant. Ergebnis der Planung kann sowohl ein Mehrbedarf als auch ein Minderbedarf sein.

 

 

2. Personalkostenreduzierung

 

 

 

 

Folgende Wege zur vorübergehenden oder dauerhaften Senkung der Personalkosten stehen zur Verfügung.

 

 

Einstellungsstopp und Nutzung der Fluktuation

 

 

Nicht umsonst ist das der erste und beliebte Weg, Personalkosten zu reduzieren, bietet er doch deutliche Vorteile:

           

            Es gibt keine langwierigen Betriebsratsverhandlungen.    

            Die Öffentlichkeitswirkung ist gering.

            Die Auswirkung auf die innerbetriebliche Stimmung ist gering.  

 

Allerdings ist auf diese Weise ein gezielter   Personalkostenabbau kaum möglich.

Der Abbau von Zeitarbeitskräften und Mitarbeitern mit Aushilfsverträgen

Eine vielleicht nicht besonders soziale, aber unproblematische Möglichkeit, Personalkosten schnell zu reduzieren. Vorraussetzung ist natürlich, dass man überhaupt über eine nennenswerte Anzahl von Zeitarbeitskräften verfügt.

 

 

Überstunden- und Zeitkontenabbau

 

 

Auch das ist eine schnell wirkende und eher unproblematische Methode der Personalkostenreduzierung.

 

 

 

 

Kurzarbeit      

 

 

Das ist eine gute Methode, kurzfristig und für einen befristeten Zeitraum die Personalkosten zu reduzieren. Die Mitarbeiter erhalten von der Agentur für Arbeit einen Teilausgleich für die entfallenden Bezüge. Die Kurzarbeit muss    mit dem Betriebsrat vereinbart werden und ist an rechtlich klar fixierte Rahmenbedingungen gebunden.

 

 

 

 

Vorruhestand und Altersteilzeit

 

 

 

 

Die Einführung von Vorruhestands- und/oder Altersteilzeit- regelungen erfordern eine entsprechende Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat und ist somit nicht von heute auf morgen möglich. Die gesetzlichen Rahmenbedingen insbesondere für Vorruhestands-regelungen sind praktisch nicht mehr vorhanden. Insofern ist dieses in der Regel nur für Unternehmen finanzierbar, die über eine entsprechende Altersversorgungsregelung verfügen, realistisch.

 

 

Die Erfahrung mit den Vorruhestandsregelungen aus den Neunziger Jahren zeigt allerdings, dass mit dem einseitigen Abbau von älteren Mitarbeitern ein Know How Verlust einhergehen kann.

 

 

 

 

Aufhebungsverträge mit Abfindungen

 

 

Eine individueller Weg, gezielt Mitarbeiter abzubauen, die allerdings mit erheblichen Kosten verbunden ist, so dass die Personal-kostenreduzierung erst längerfristig wirksam wird.

Betriebsbedingte Kündigungen bei geringer Anzahl von Kündigungsanlässen

Individuelle betriebsbedingte Kündigungen allerdings nur je nach Größe des Unternehmens bis maximal unter 30 Mitarbeitern. Auch hier müssen die Kriterien des Betriebsverfassungsgesetzes eingehalten werden.

 

 

 

 

Interessenausgleich/Sozialplan

 

 

Dies ist das Standardvorgehen bei umfangreichem Personalabbau zur Personalkostenreduzierung. BetrVG,§112(1).

 

 

Im Interessenausgleich wird eine geplante Betriebsänderung mit dem Betriebsrat verhandelt und vereinbart.

 

 

Im Sozialplan wird ein Ausgleich für die wirtschaftlichen Nachteile der Mitarbeiter aus dieser Betriebsänderung  verhandelt und vereinbart.

 

 

Die Vorteile dieses Verfahrens liegen in dem gesamthaften, alle Betriebsteile einbeziehenden Prozess unter Einbeziehung des Betriebsrates. So kann eine am Markt und an der Unternehmens-strategie ausgerichtete Restrukturierung umgesetzt werden.

 

 

Das Verfahren bietet die Chance zu zielgerichteter Kooperation mit dem Betriebsrat und berücksichtigt die soziale Verantwortung des Unternehmens. Die Nachteile des Verfahrens liegen in den häufig langwierigen Verhandlungen. Es birgt die Gefahr des Verlustes von Leistungsträgern, die sich in dieser Zeit neu orientieren. Die Umsetzungskosten sind relativ hoch, weil eine Einigung mit dem Betriebsrat in der Regel nur mit einem Sozialplan, der mit hohen Kosten für die Rahmenbedingungen verbunden ist, zu erreichen ist. Ein gezielter Abbau von Arbeitskräften ist durch die Einhaltung der Sozialkriterien nur schwierig möglich.

 

 

 

 

3. Binden von qualifizierten Mitarbeitern

 

 

 

 

Das Bewusstsein, dass qualifizierte Mitarbeiter immer schwerer zu halten und schwieriger zu finden sein werden, ist noch nicht sehr ausgeprägt.

 

 

„Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass Unternehmen weit mehr von guten Mitarbeitern abhängen, als gute Mitarbeiter vom Unternehmen“ P.F.Drucker

 

 

Eine Reihe von Veränderungen beeinflussen den Arbeitsmarkt für qualifizierte Mitarbeiter:

 

 

Die demografische Entwicklung führt dazu, dass die Anzahl der Menschen im Erwerbsalter stetig abnimmt, weil weniger junge Menschen in das Berufslebeneintreten.

 

 

Nach wie vor wählen wenige junge Menschen ( und vor allem wenige junge Frauen ) technische Ausbildungs- und Studiengänge.

 

 

Große Unternehmen „saugen“ qualifizierte Mitarbeiter vom Arbeitsmarkt.

 

 

Die Einstellungen qualifizierter Nachwuchskräfte haben sich verändert:

           

Der eigene Vorteil steht im Mittelpunkt.

Orientierung am eigenen Marktwert.

Sie wissen, was sie wert sind.

Sie sind selbstmotiviert und ehrgeizig.

Sie sind schnell gelangweilt.

Sie ignorieren Unternehmenshierarchien.

Sie haben wenig Unternehmensbindung.

 

 

Mit Maßnahmen wie den Folgenden können Unternehmen dieser Entwicklung begegnen:

 

 

•           Entwickeln einer Employer Branding Strategie.

•           Die Anforderungen an die Mitarbeiter konstruktiv gestalten.

•           Fördern und Fordern der Mitarbeiter zwischen 50 und 65.

 

 

 

 

4. Umgang mit Wandel

 

 

Veränderungsprozesse verlaufen manchmal unkoordiniert; es fehlt ein Prozessverantwortlicher. Die Planung von Veränderungen wird oft auf einer rein inhaltlich logischen Basis im Sinne des „Reengineering“ ohne die Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter  vorgenommen. Zur Durchsetzung wird häufig disziplinarischer und zeitlicher massiver Druck ausgeübt. Externe Berater nehmen manchmal interne Funktionen war. Die Kommunikation lässt oft keine Einwände zu. Der Betriebsrat wird sehr spät eingeschaltet. Ein Irrtum wird häufig von vorneherein ausgeschlossen. Dadurch entsteht ein „Way of no return“.

 

 

Die Einstellung gegenüber dem Wandel ist im Allgemeinen normalverteilt:

 

 

So gibt es wenige Visionäre, Missionare und aktive Gläubige, die als Change-Leader den Wandel vorantrieben wollen. Wesentlich größer ist dagegen die Gruppe der Opportunisten, der Abwartenden und der Gleichgültigen. Etwa ein Drittel der Mitarbeiter nimmt regelmäßig die Rolle von Untergrundkämpfern oder offenen Gegnern wahr, währen einige wenige das Unternehmen sogar verlassen.

(Vahs/Leiser.ChangeManagement in schwierigen Zeiten, DUV)

 

 

 

Die Steuerung von Veränderungsprozessen:

 

 

Definition eines Prozessverantwortlichen (Change-Manager), der den Veränderungsprozess steuert, mit folgenden Aufgaben:

 

 

Entwicklung eines Organisationskonzepts unter Einbeziehung der betroffenen Funktionen und des Betriebsrates. Herbeiführen einer Unternehmens-entscheidung unter Berücksichtigung der Mitbestimmungsrechte.

 

 

Entwicklung eines Kommunikationskonzepts während der Veränderung.

 

 

Planung der Umsetzung der Organisationsveränderung.

 

 

Steuerung der Umsetzungsphasen.

 

 

Integrative Umsetzung von Entscheidungen über die Funktionen und Ebenen.

 

 

Integration der Veränderungsergebnisse in die Arbeitsabläufe.

           

Durchführung von notwendigen Änderungen, die aus der Umsetzung deutlich werden (kein „way of no return“).

 

 

Prozess-Controlling.

 

 

Prozess-Dokumentation.

 

 

 

 

Die Beachtung der folgenden Faktoren sichert die erfolgreiche Durchführung von Veränderungsprozessen:

(Vahs/Leiser)

 

 

vorausschauendes Change Management sichert Handlungsspielräume.

 

die Komplexität des Wandels sollte nicht unterschätzt werden.

 

Veränderungen fordern klare und verständliche Ziele.

 

Veränderungen spielen sich vor allem in den Köpfen ab.

 

Veränderungen erfordern eine angemessene Kommunikation.

 

Veränderungen erfordern eine angemessene Beteiligung.

 

der konstruktive Umgang mit Widerständen macht erfolg-reicher.

 

die Übernahme von Selbstverantwortung erfordert Training.

 

Führungskräfte müssen im Wandel Flagge zeigen.

 

 

Last not least:

Gestalten Sie den Veränderungsprozess einfach, aber nehmen Sie ihn nicht leicht!

 

 

 

5. Kommunikationsstrategien

 

 

Entscheidungen werden oft sehr spät, wenn schon lange Gerüchte kursieren, dem mittleren und unteren Management und den Mitarbeitern mitgeteilt. Die Kommunikation findet oft im Wege einer „zentralen Verkündung“ statt. Die Führungsebenen werden zu wenig als Kommunikatoren genutzt.

Die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist einerseits (vielfach in großen Unternehmen) unkompliziert; häufig aber auch schwierig und emotional (eher in Klein- und Mittelbetrieben). Die Rolle des „mitbestimmenden“ Betriebsrats wird manchmal durch die Unternehmensführung nicht akzeptiert. Dazu kommt, dass sowohl die Geschäftsführung als auch der Betriebsrat in kleinen/mittleren Unternehmen bezogen auf die Vorschriften des BetrVG oft nicht firm und auf dem aktuellen Stand sind. Darüber hinaus gibt es manchmal regelrechte ideologische Feindbilder auf beiden Seiten.

 

 

Kommunikation kann und sollte immer auf zwei Ebenen stattfinden:

 

 

der ersten inhaltlichen Kommunikationsebene über das was sachlich beabsichtigt ist  -  und

der zweiten, darüber (Meta) liegenden Ebene, über den Prozesss, den Weg, den Stand der Entscheidungsfindung etc. .

 

 

Für die Grundlage der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat bietet es sich an, einfach das Betriebsverfassungsgesetz ernst zu nehmen:

 

 

Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten unter Beachtung der   geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb  vertretenden Gewerkschaften und Arbeit-gebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen. §2 Abs.1BetrVG

 

 

In schwierigen Zeiten brauchen die Unternehmen gute Mitarbeiter, denn sie sollen das Unternehmen wieder in bessere Zeiten führen. Die - verbleibenden - Mitarbeiter beobachten Personalmanagement-Aktivitäten sehr genau und von ihrer Beurteilung der Ereignisse und ihren Schlüssen daraus hängt ihr Engagement ab! Dafür gilt es - etwas zu tun.

 

 

Rainhard Hahn