Employer Branding

 

 

„Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass Unternehmen weit mehr von guten Mitarbeitern abhängen, als gute Mitarbeiter vom Unternehmen.“

 

 

(Peter F. Drucker)

 

 

Der Bedarf an talentierten und qualifizierten Nachwuchskräften wird in den nächsten Jahren kontinuierlich steigen. Das ist nicht nur eine These, sondern folgende Entwicklungen deuten zwingend darauf hin:

 

 

Der zunehmende internationale Wettbewerb wird von uns eine dauerhaft steigende Qualität unserer Produkte und Dienstleistungen fordern, da wir nur durch bessere Qualität eine Chance im internationalen Wettbewerb behalten werden.

Die demographische Entwicklung ist eindeutig. In den nächsten 15 Jahren werden die so genannten geburtenstarken Nachkriegsjahrgänge in den Ruhestand treten und die nachgewachsene Generation kann diese Lücke nicht füllen

Große Unternehmen reagieren längst auf diesen Trend und „saugen“ gute Leute vom Arbeitsmarkt.

 

 

In vielen Ingenieurberufen ist dieser Mangel längst wirksam und das ist besonders bitter:

 

 

zum einen liegt die Stärke der deutschen Wirtschaft vor allem in ihren technischen Unternehmen und folglich ist dort der Bedarf am stärksten; zum anderen sind technische Studiengänge nach wie vor für viele Abiturienten, vor allem auch für weibliche Abiturienten, nicht so attraktiv.

 

 

Mittelständische Unternehmen, wenn sie zudem auch in ländlichen Gebieten oder in kleinen Städten beheimatet sind, tun sich nach Aussage mancher Personalberater immer schwerer, hervorragende Mitarbeiter aus anderen Regionen zu gewinnen.

 

 

Was können solche Unternehmen nun tun, um gute Fach- Führungs- und Nachwuchskräfte zu gewinnen? Um hier geeignete Strategien zu entwickeln, sollte man zunächst die beruflichen Erwartungen vor allem junger Aspiranten kennen.

 

 

Die Erwartungen der heutigen talentierten Nachwuchskräfte haben sich deutlich verändert. Sie erwarten:

 

 

• Herausforderungen, die die konkrete Aufgabe bietet

 

 

• Entwicklungsmöglichkeiten im Job und über die Aufgabe hinaus

 

 

• eigenverantwortliches Arbeiten

 

 

• eine personenbezogene Firmenkultur, die ihrer Lebensvorstellung entspricht

 

 

• einen Standort mit positiver Ausstrahlung

 

 

• individuell beeinflussbare Arbeitszeiten

 

 

• ein leistungsgerechtes Gehalt, das durch Anreizsysteme mit  Zusatzvergütungen ergänzt wird.

 

 

Wo liegen die Gründe dieser veränderten Einstellung? Prof. Christian Scholz (Universität Saarbrücken) untersucht dies Phänomen seit Jahren.

 

 

Der frühere soziale Kontrakt zwischen Unternehmen und Mitarbeitern in Bezug auf: Loyalität  und lebenslange Beschäftigung ist von beiden Seiten aufgekündigt. Zuerst von (vielen) Unternehmen in den 80er/90er Jahren, als auch von sehr traditionellen Unternehmen, die immer sehr auf Mitarbeiterbindung bedacht waren, durch massive Entlassungen und teilweise extreme Vorruhestandsregelungen. Danach bzw. zeitgleich wuchs eine neue Generation von Menschen heran, die sich von vorneherein dieser Situation bewusst wurden und ihrerseits unbedingte Loyalität in Frage stellen und eine lebenslange Beschäftigung nicht mehr anstreben. Scholz nennt diese Generation der nach 1975 Geborenen die Generation Y.

 

 

Die Generation Y ist durch das Internet geprägt und somit äußerst informationsbezogen und  spaß- und letztlich selbstorientiert. Die vorhergehende nach dem Krieg bis in die siebziger Jahre Geborenen Generation ( Scholz nennt sie Generation X ) hat alle die Eigenschaften, die historisch die deutsche Wirtschaft geprägt haben. Sie sind eher arbeits-, erwerbs- und  sicherheitsorientiert. Eben diese Orientierung prägt auch die Nachfrage- und Angebotssituation der klassischen Personalabteilungen.

 

 

Entsprechend anders entwickeln sich die Mitarbeiter der Generation Y in Unternehmen:

 

 

•      Der eigene Vorteil steht im Mittelpunkt.

 

 

•      Sie orientieren sich auf die eigene Beschäftigungsfähigkeit

 

 

        und ihren Marktwert.

 

 

•      Sie wissen, was sie wert sind.

 

 

•      Sie sind selbstmotiviert und ehrgeizig.

 

 

•      Sie sind schnell gelangweilt.

 

 

•      Sie ignorieren Unternehmenshierarchien.

 

 

Aber auch die Unternehmen haben sich in den letzten Jahren unter dem international hohen Druck stark verändert. Nur die Unternehmen, die besser sind als ihr Wettbewerb, überleben. Dieser Überlebenskampf fordert von den Unternehmen:

 

 

•         eindeutige Kernkompetenzen

 

 

•         extreme Flexibilisierung

 

 

•         permanente Prozessoptimierung

 

 

•         radikale Kostenminimierung

 

 

In diesem Umfeld sind qualifizierte Mitarbeiter für den Erfolg eines Unternehmens ein entscheidender Faktor. Employer Branding ist eine gesamthafte Strategie, diese qualifizierten Mitarbeiter zu finden und langfristig an das Unternehmen zu binden. Dieses kann in drei Schritten geschehen (Prof. Stephan Laske, Universität Innsbruck):

 

 

•      Möglichst authentisches Herausarbeiten von Profil und Besonderheit des Unternehmens, um eigene Fachkräfte zu halten und passgenaue zukünftige Mitarbeiter zu erreichen.

 

 

•      Profiliierung der Organisation als Arbeitgeber, die auf die emotionale Beziehung zwischen Arbeitgeber und aktuellen und potenziellen Mitarbeitern abstellt.

 

 

•      Bewusster gemeinsamer strategischer Prozess von Unternehmensleitung, Personal, Marketing und Unternehmens-kommunikation.

 

 

An diesem Prozess sollten Verantwortliche aller relevanten betrieblichen Funktionen, nicht nur des Bereichs Personal teilnehmen, um zu einer gesamthaften Sicht und Lösung zu kommen. Da es sich bei Employer Branding um einen Marketingansatz handelt, helfen Marketinginstrumente  wie das „Marketing-Rad“ bei der Erreichung einer neuen Profilierung als Arbeitgeber:

 

 

1. Wie sind wir….wie beschreiben wir uns selbst?

 

 

2. Was sind wir….welche Kompetenzen haben wir?

 

 

3. Warum gibt es uns….welchen Nutzen bringen wir unseren Kunden?

 

 

4. Was ist unser Erscheinungsbild nach außen?

 

 

Die Ist-Analysen sind Basis für die Entwicklung eines Sollkonzepts. Hindernisse wie zum Beispiel Tabuthemen werden offen gelegt. Gemeinsam werden Lösungsansätze gefunden und ein konkreter Umsetzungsplan definiert.Hier seien beispielhaft einige Beispiele genannt, die im Rahmen einer Employer Branding Strategie in einen Umsetzungsplan münden könnten:

 

 

•      Instrumentelle, materielle und emotionale Aspekte bekommen zentrale Bedeutung in einer pro-aktiven Personalpolitik.

 

 

•      Frühzeitige und langfristige Akquisitionsansätze bei Schulen, Fachschulen und Hochschulen der Region; neue Kommunikationswege, Online Medien, eigene Homepage, Praktikantenprogramme sorgen für einen gesamthaften Einstellungsprozess

 

 

•      Leistungsbezüge schaffen innerbetriebliche Fairness im Vergütungssystem.

 

 

•      Spielräume, Work-Life-Balance, Klima, Verantwortung und Flexibilität werden Bestandteile der Arbeitsgestaltung.

 

 

•      Zur Aufrechterhaltung der langfristigen Arbeitsfähigkeit wird die innerbetriebliche Gesundheitsförderung forciert.

 

 

•      Innerbetriebliche Altersvorsorge sorgt für Wertschätzung und dient als Instrument der Risiko- bzw. der Wohlstandsabsicherung.

 

 

•      Neue Qualifikationsprofile, intergenerative Bildungsmaßnahmen, langfristige Beschäftigung werden Bestandteile der Personalentwicklung.

 

 

•      Flache Hierarchien sorgen für schnellere und direktere Kommunikation und eindeutige Verantwortung. Aber die Einführung einer die Führungshierarchie ergänzenden Fach- und Projekthierarchie erweitern die individuellen Entwicklungs-möglichkeiten.

 

 

•      Richtige Auswahl und Qualifizierung der Führungskräfte sind ein zentraler Bindungsfaktor. Teil einer Qualifizierung ist die Einbindung der Führungskräfte in die Umsetzung einer Employer Branding Strategie. Insgesamt ist das sicherlich ein mühsamer und auch langwieriger Prozess, aber viele Unternehmen sind es in ihren Entwicklungs-, Produktions-, Dienstleistungs- und Absatzstrategien gewohnt, „dicke Bretter zu bohren“, warum nicht auch in Personalstrategien?Wie geht es weiter, wenn eine Employer Branding Strategie entwickelt wurde? 

 

 

•      Der Entscheidungsvorschlag einer Employer Branding Strategie wird der Geschäftsführung unterbreitet.

 

 

•      Die Geschäftsführung diskutiert und verabschiedet die Employer Branding Strategie gfs. nach Vornahme von Korrekturen.

 

 

•      Inhalts- und Prozessverantwortliche für die Implementierung werden von der Geschäftsführung festgelegt. Ein Geschäfts-führungsmitglied übernimmt den Vorsitz.

 

 

•      Ein Gesamtzeitplan und Überprüfungstermine werden festgelegt. 

                           

 

Insgesamt ist Employer Branding kein Prozess mit einem klar definierten Abschluss. Dazu ändern sich die Bedingungen der Arbeitswelt zu schnell. Unternehmen sollten ihr Bild als Unternehmen im Arbeitsmarkt dauerhaft im Blick haben und weiter entwickeln.       

 

 

  

Rainhard Hahn